Der Europäische Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) setzt die in der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) festgelegten Anforderungen um.
Die ESRS setzen neue Standards in der Nachhaltigkeitsberichterstattung und werden nach ihrer Einführung für eine große Zahl von Unternehmen in der EU rechtlich verbindlich sein. Einerseits greifen sie bestehende Standards wie den GRI oder SASB auf, andererseits führen sie neue Prinzipien wie die doppelte Wesentlichkeit ein.
Könnten die ESRS den GRI, den derzeit weltweit am meisten angewandten Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, ablösen? Um diese Frage zu beantworten, werden wir in diesem Artikel sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen den ESRS und dem GRI untersuchen.
Die finalen Entwürfe der ESRS werden voraussichtlich am 15. November 2022 bei der Europäischen Kommission eingereicht. Der Inhalt ist also noch Änderungen und Ergänzungen unterworfen und eine endgültige Fassung ist noch nicht fertig.
Der erste Entwurf des GRI-Leitfadens zur Nachhaltigkeitsberichterstattung lag bereits 1999 vor. Es folgten kontinuierliche Weiterentwicklungen. Im Jahr 2016 veröffentlichte der GRI eine aktualisierte und neu strukturierte Version der Standards, die die vorherige Version ersetzte. Die Standards sind nun in einem modularen Set gegliedert.
Die ESRS legen fest, was Unternehmen offenlegen müssen, um die Anforderungen der CSRD zu erfüllen. Daher sind die ESRS für eine große Zahl an EU-Unternehmen gesetzlich bindend. Da es sich um einen delegierten Rechtsakt handelt, gelten die ESRS unmittelbar für betroffene Unternehmen. Wenn ein von den ESRS betroffenes Unternehmen der Verpflichtung zur Veröffentlichung der erforderlichen Informationen nicht nachkommt, werden Sanktionsverfahren eingeleitet, z. B. in Form von Geldstrafen.
Obwohl der GRI ein weltweit angewandter Standard ist, sind die Unternehmen nicht gesetzlich verpflichtet, nach dem GRI-Standard zu berichten. Die Berichterstattung erfolgt auf freiwilliger Basis.
Die ESRS verpflichten Unternehmen zu zusätzlichen Maßnahmen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, z.B. durch Kennzahlen, die veröffentlicht werden müssen. Außerdem erfordern die ESRS eine detailliertere Berichterstattung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance. So verpflichten die ESRS beispielsweise zur Offenlegung von Scope 3 unabhängig von der Wesentlichkeit.
Während die GRI-Berichterstattung einen hohen Grad an Detailliertheit erfordert, haben Unternehmen mehr Flexibilität, was und in welcher Form sie berichten wollen.
Das ESRS wird eine große Anzahl an EU-Unternehmen betreffen, die mindestens zwei der folgenden Anforderungen erfüllen:
Der GRI richtet sich an Unternehmen weltweit, die auf freiwilliger Basis über Nachhaltigkeitskennzahlen berichten möchten.
Insgesamt können die ESRS derzeit nicht als Ersatz für den GRI angesehen werden, vor allem wegen des begrenzten geografischen Anwendungsbereichs - zumindest solange die ESRS nicht auch für Nicht-EU-Unternehmen verbindlich sind.
Angesichts der großen inhaltlichen Überschneidungen und der strengen Berichterstattungspflichten bieten die ESRS im Vergleich zum GRI einige Neuerungen. Dazu gehören zum Beispiel eine geringere Flexibilität und damit eine frühere Erfassung von ESG-Daten in der Berichterstattung aufgrund der doppelten Wesentlichkeit. Darüber hinaus haben die ESRS einen entscheidenden Vorteil: Sie sind rechtsverbindlich. Da die ESRS von EU-Richtlinien getragen werden, ist die Berichterstattung nach den ESRS für bestimmte Unternehmen ab dem 1. Januar 2024 gesetzlich vorgeschrieben. Aufgrund ihrer schrittweisen Einführung werden die ESRS bis zum 1. Januar 2026 immer mehr EU-Unternehmen betreffen. Daher ist es möglich, dass die ESRS den GRI in der EU in ihrer Wichtigkeit überholen werden.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Berichterstattung nach den ESRS mit deren Inkrafttreten entwickeln wird und ob sie mit den bereits etablierten Strukturen auf globaler Ebene und den gesammelten Erfahrungen mit dem GRI konkurrieren können.
Quellen:
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