Um die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU zu fördern und zu verbessern, nahm die Europäische Kommission im April 2021 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) an. Im November 2022 verabschiedete die EU die CSRD, am 5. Januar 2023 trat sie in Kraft. Die Richtlinie zielt darauf ab, die bestehende Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) zu ersetzen. Eine der wichtigsten Bestimmungen der CSRD ist die Einhaltung der Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS). Dadurch wird die CSRD den Green Deal der EU unterstützen, indem sie bestimmte große Unternehmen dazu verpflichtet, über Nachhaltigkeitskennzahlen in Übereinstimmung mit den ESRS zu berichten.
Die ESRS wurden hauptsächlich von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt. Sie sollen die Qualität und Relevanz der berichteten Informationen sicherstellen.
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Wann müssen Unternehmen berichten?
Die Berichtspflichten werden über einen Zeitraum von vier Jahren ab dem Jahr 2024 in Kraft treten. Der Bericht selbst sollte spätestens vier Monate nach dem Ende des angegebenen Geschäftsjahres veröffentlicht werden.
Ab 1. Januar 2024: große Unternehmen von öffentlichem Interesse (mit mehr als 500 Beschäftigten), die bereits der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) unterliegen, mit Berichtsfälligkeit in 2025
- Ab 1. Januar 2025: große Unternehmen, die derzeit nicht der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) unterliegen und zwei der folgenden Kriterien erfüllen, mit Berichtsfälligkeit in 2026:
- mehr als 250 Beschäftigte,
- 50 Mio. € Umsatz, oder
- 25 Mio. € Bilanzsumme
Hinweis: Seit Dezember 2023 gelten für alle Unternehmensgrößen neue Grenzwerte für die Bilanzsumme und den Nettoumsatz; siehe aktualisierte Aufzählung oben.
Ab 1. Januar 2026: börsennotierte KMU und andere Unternehmen, mit Berichtsfälligkeit in 2027 → KMU können bis 2028 optieren
Ab 1. Januar 2028: Nicht-EU-Unternehmen mit einem Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. € in der EU, wenn sie mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben und bestimmte Schwellenwerte überschreiten, mit Berichtsfälligkeit in 2029
Damit wird die Berichterstattung nach dem ESRS bis zum 1. Januar 2025 für rund 50.000 Unternehmen in der EU verpflichtend.
Was müssen Unternehmen mit den ESRS berichten?
Im endgültigen Entwurf des ESRS, den die EFRAG im November 2022 veröffentlicht hat, werden insgesamt 84 Offenlegungsanforderungen bzw. 1.144 Datenpunkte formuliert. Sie beinhalten neben den rein quantitativen Angaben auch Angaben zu Strategie, Risiken, Chancen, Auswirkungen und Wesentlichkeitsmerkmalen. Das bedeutet, dass aus der reinen Menge der Angabepflichten in den einzelnen Teilbereichen nur bedingt Rückschlüsse auf den tatsächlich erforderlichen Bearbeitungsaufwand gezogen werden können.
Die Struktur der ESRS
Die erste Gruppe der ESRS umfasst die so genannten sektorunabhängigen Standards, die die Inhalte festlegen, die im Rahmen der ESRS offengelegt werden müssen. Diese sind weiter in vier Bereiche unterteilt (siehe Grafik):
Übergreifende allgemeine Standards
Umwelt
Soziales
Führung
Die Punkte 2 bis 4 sind sogenannte themenspezifische Standards. Die themenübergreifenden Standards (Punkt 1) definieren die grundlegenden Konzepte der Offenlegungsanforderungen und schaffen damit eine Basis für alle Inhalte der themenspezifischen Standards. Innerhalb der vier Einzelbereiche, die wiederum in 12 Standards aufgeteilt sind, werden entsprechende Offenlegungspflichten festgelegt. Nach diesen müssen Unternehmen berichten, sei es auf verpflichtender Basis oder in Abhängigkeit von den Ergebnissen ihrer Wesentlichkeitsanalyse.
Weitere Kernkonzepte der ESRS
Die ESRS beinhalten auch den Grundsatz der "doppelten Wesentlichkeit". Dieser verlangt von den Unternehmen, dass sie nicht nur die Auswirkungen der Umwelt auf ihre Tätigkeiten, sondern auch die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf die Umwelt (einschließlich sozialer und Governance-Fragen) berücksichtigen. Erfahren Sie mehr über das Konzept der doppelten Wesentlichkeit in unserem Insights-Artikel.
Das Konzept der widerlegbaren Vermutung, das in früheren Versionen der ESRS enthalten war, wurde in den endgültigen Entwürfen gestrichen. Die ESRS unterscheiden nun zwischen Angaben, die unabhängig von der Wesentlichkeitsanalyse berichtspflichtig sind, und solchen, die aufgrund von Wesentlichkeitskriterien von der Berichtspflicht ausgenommen werden können. Wird eine Anforderung vollständig ausgeschlossen, müssen die Unternehmen dies begründen. Im Falle des Ausschlusses einzelner Berichtspflichten oder Datenpunkte sind diese zu nennen.
Wie Unternehmen die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS angehen können
Unternehmen sollten jetzt mit den Vorbereitungen für die ESRS-Berichterstattung beginnen, um eine effiziente und gut organisierte Umsetzung zu gewährleisten. Doch wie können Unternehmen die Herausforderung des ESRS Reportings angehen? Es gibt drei Schritte, die zu empfehlen sind, um auf die Offenlegungsanforderungen des ESRS vorbereitet zu sein
1. Bearbeitungsaufwand abschätzen
Die Offenlegungsanforderungen sind umfangreich und komplex. Die endgültigen ESRS-Entwürfe sind wegweisend im Hinblick auf den Umfang der künftig offenzulegenden Informationen und damit den Umsetzungsaufwand für die Unternehmen. Der Bearbeitungsaufwand für die im ESRS formulierten Fragestellungen sollte keinesfalls unterschätzt werden. Dabei ist es wichtig, die Ausgangsposition eines Unternehmens hinsichtlich des ESG Reportings zu beachten.
Unternehmen, die bereits ein strukturiertes Nachhaltigkeitsreporting führen, können entweder ihre bisherige Berichterstattung fortsetzen und zusätzlich nach den ESRS berichten. Andernfalls können sie ihre bisherige Berichterstattung an die Anforderungen des ESRS anpassen. Je nach dem, welcher Berichtsstandard jetzt verwendet wird, können sie bereits vorhandene Datenbanken sowie Prozesse und Ressourcen nutzen, die innerhalb des Unternehmens etabliert wurden.
Unternehmen, die noch keine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt haben, müssen zunächst die notwendigen Strukturen schaffen und die erforderlichen Ressourcen aufbringen. Dazu gehören auch die notwendigen personellen Ressourcen für die Datenerhebung und -verarbeitung. Zudem wird es in vielen Fällen zunächst notwendig sein, ein Bewusstsein für das Thema ESG im Unternehmen zu schaffen und es so in die Unternehmenskultur zu integrieren.
Generell ist es entscheidend, dass sich das Management und die Verantwortlichen aus den verschiedenen Unternehmensbereichen mit den Standards auseinandersetzen, da ESG-Themen ein Unternehmen auf globaler Ebene betreffen. Dadurch kann ein Bewusstsein geschaffen werden, was die Anforderungen für das eigene Unternehmen auf operativer Ebene bedeuten.
2. Datenerhebung prüfen
Ein weiterer Grund, sich frühzeitig mit den Anforderungen der ESRS zu befassen, ist der Abgleich erforderlicher und vorhandener Daten und Informationen. Infolge der ESRS Berichtspflicht müssen Unternehmen eine große Menge an nachhaltigkeitsbezogener Daten verarbeiten und offenlegen. Es sollte genau erfasst werden, welche ESG Daten im Rahmen der Berichtspflicht offengelegt werden müssen, und für welche Daten eine Erhebung noch aussteht. Dies ermöglicht Unternehmen einen gezielten Aufbau von Strukturen, Strategien und Prozessen zur Datenanalyse und -auswertung.
3. Gesetzgebung verfolgen
Zuletzt ist es empfehlenswert, den Gesetzungsprozess zu den ESRS kontinuierlich zu verfolgen. Damit können sich Unternehmen frühzeitig auf Änderungen, Anpassungen oder Erweiterungen der Berichtspflicht vorbereiten.
Nächste Schritte und Ausblick der ESRS
Die Europäische Kommission hat die finale Fassung der ESRS am 31. Juli 2023 angenommen. Sektorspezifische Standards werden ebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt, voraussichtlich im Jahr 2024, herausgegeben. Diese Standards werden derzeit von der EFRAG entwickelt. In Zusammenarbeit mit Branchenexperten liegt der Schwerpunkt aktuell auf der Identifizierung relevanter und wichtiger Nachhaltigkeitsaspekte für die entsprechenden Branchen. Es wird erwartet, dass die branchenspezifischen Standards die folgenden Bereiche einzeln abdecken werden: Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei, Kohlebergbau und Bergbau, Energie und Versorgungsunternehmen, Lebensmittel und Getränke, Verkehr und andere.